Initiative Artenvielfalt Neckartal

Rebhuhnschutz im Landkreis Tübingen -

Kooperationsprojekt zur Rettung eines Charaktervogels der Feldflur

Foto 1: Das Rebhuhn ist in Baden-Württemberg vom Aussterben bedroht. (© Heiner Götz)

Als Charaktervogel der Feldflur war das Rebhuhn in allen offenen Ackerbaugebieten früher weit verbreitet. Man schätzt für Deutschland, dass die Rebhuhnpopulation seit 1980 um ca. 85% zurückgegangen ist (Gottschalk/ Rebhuhnschutzprojekt Göttingen)." In der Schweiz gilt die Art seit 2019 als ausgestorben. Auch in Baden-Württemberg ist das Rebhuhn inzwischen vom Aussterben bedroht und die Bestandsentwicklung in den meisten Gebieten weiter rückläufig.

Der Landkreis Tübingen ist ein traditioneller Verbreitungsschwerpunkt des Rebhuhns in Baden-Württemberg, aber auch hier nahmen die Bestände bis 2015 kontinuierlich ab. Nach ca. 250 festgestellten Revieren 1980 trat in den Folgejahrzehnten ein drastischer Rückgang ein. Im Jahr 2015 konnten nur noch ca. 30 Reviere festgestellt werden. Dieser Abwärtstrend konnte durch gezielte Schutzmaßnahmen mittlerweile aufgehalten und sogar eine zaghafte Trendumkehr erreicht werden.


Foto 2: Weithin offene, aber strukturreiche Ackerbaulandschaften mit hohem Anteil lückiger Getreidebestände, Altgrassäumen, mehrjährigen Brachen und Niederhecken sind die traditionellen Rebhuhngebiete im Landkreis Tübingen. (© S. Geißler-Strobel)

NABU-Rebhuhnschutzprojekt im Landkreis Tübingen

Um den skizzierten Rückgang aufzuhalten, wurde 2017 ein landkreisweites Rebhuhnschutzprojekt auf den Weg gebracht. Trägerschaft hat das NABU-Vogelschutzzentrum Mössingen in Kooperation mit der Initiative Artenvielfalt Neckartal (IAN) und VIELFALT e.V. als Landschaftserhaltungsverband (LEV). Das Projekt wird unterstützt und gefördert durch PLENUM Landkreis Tübingen. Laufzeit der drei Projektphasen ist 2017 bis 2022. Bereits seit 2008 hatte die IAN erste modellhafte Maßnahmen im Neckartal umgesetzt. Hierauf konnte das Projekt aufbauen und die angestrebte Trendumkehr einleiten.

Grundlage für das Rebhuhnprojekt war aber v.a. ein kreisweites Schutzkonzept, das in Kooperation mit der IAN durch die Universität Tübingen im Rahmen einer Masterarbeit von Melanie Rentschler (geb. Seidt) 2015 erstellt worden war.

Die wichtigsten Schutzmaßnahmen

Die wichtigsten Schutzmaßnahmen für das Rebuhn sind die Anlage mehrjähriger Blühbrachen und das regelmäßige "Auf den Stock Setzen" vorhandener Hecken.



Foto 3: Die Anlage mehrjähriger Blühbrachen in Kooperation mit den bewirtschaftenden Landwirten ist die wichtigste Rebhuhnschutzmaßnahme (© S. Geißler-Strobel). Foto 4: Am Rebhuhnschutzprojekt beteiligte Landwirte erhalten dieses hinweisende Felderschildchen. (© Karin Kilchling-Hink)



Foto 5: Frisch gepflegte Niederhecke. Foto 6: Wieder in Pflege genommene Niederhecke mit breitem Saum - davon profitiert das Rebhuhn, aber auch die charakteristischen "Heckenvögel".

Weitere Maßnahmen:
  • Stoppelbrachen
  • Extensiv genutzte Getreideäcker und Getreide-Leguminosengemenge
  • Säume und Feldraine mit Altgras
  • Schutzstreifen im Kleegras- und Luzerneanbau
  • Ruhe

Bestandsentwicklung seit Beginn des Projekts

Im zeitigen Frühjahr, ab Ende Februar, werden seit 2017 im Landkreis Tübingen die Rebhühner auf 41 festgelegten Begehungsrouten jährlich im Rahmen eines ehrenamtlichen Monitorings gezählt.


Grafik 1: Bestandsentwicklung des Rebhuhns im Landkreis Tübingen 2017-2021 (© Karin Kilchling-Hink). Grafik 2: Entwicklung der Rebhuhnbestände im Lkr. Tübingen in Teilgebieten mit und ohne mehrjährige Blühbrachen (© Karin Kilchling-Hink)

Durch die umgesetzten Maßnahmen konnte der weitere Rückgang erstmals aufgehalten und eine leichte Bestandszunahme von 34 Revieren (2017) auf 51 Reviere (2021) erreicht werden. Dennoch sind die aktuellen Zahlen immer noch besorgniserregend niedrig und es bedarf zahlreicher weiterer Anstrengungen, um diese Art zu erhalten.

Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen, zeigt sich z.B. an der Entwicklung des Rebhuhns im Neckartal zwischen Rottenburg und Tübingen. 2015 dort erstmals erloschen, konnte sich mit dem Beginn der Schutzmaßnahmen der Rebhuhnbestand wieder deutlich erholen, 2021 wurden auf den Zählstrecken wieder 18 Reviere erfasst. Auch das Ammertal zwischen Tübingen und Pfäffingen wurde inzwischen wieder besiedelt.

Die Wirksamkeit der durchgeführten Schutzmaßnahmen wird überdies durch den Vergleich der Bestandsentwicklung des Rebhuhns zwischen den Gebieten mit und ohne Schutzmaßnahmen verdeutlicht. In Gebieten mit mehrjährigen Blühbrachen und begleitender Heckenpflege haben sich die Bestände in etwa verdoppelt, in den Gebieten ohne Maßnahmen sind die Bestände noch einmal um ca. 40 % zurückgegangen. Das zeigt im Umkehrschluss, dass das Rebhuhn ohne diese Maßnahmen keine Überlebenschance mehr in unserer heutigen Agrarlandschaft hat.




Foto 7: Vom Aussterben bedroht: Das Rebhuhn (© Günther Ströhle). Foto 8: Ausschau halten nach dem Rebhuhn. Machen Sie mit! (© Karin Kilchling-Hink)

Unsere Kooperationspartner

  • Die Landwirte im Vertragsnaturschutz
  • NABU-Landesverband BW, NABU-Gruppen Tübingen und Rottenburg
  • VIELFALT e.V. (Landschaftserhaltungsverband und PLENUM Landkreis Tübingen)
  • Initiative Artenvielfalt Neckartal
  • Landratsamt Tübingen (Untere Naturschutz- und Landwirtschaftsbehörde)
  • Kommunen Rottenburg, Tübingen, Ammerbuch und Hirrlingen
  • Eberhard Karls Universität Tübingen
  • Teile der Jägerschaft

Ruf des Rebhuhns

Hilfe bei der Rebhuhnerfassung

Ab Ende Februar zählen wir zwischen Sonnenuntergang und Dunkelheit die Rebhuhnhähne. Möchten Sie mitmachen? Dann melden Sie sich gerne über unser Kontaktformular.

Ausgangssituation im Lkr. Tübingen


Bestandsentwicklung des Rebhuhns im Landkreis Tübingen von 1980 (ca. 250 Reviere) bis 2005 (ca. 70 Reviere). Entnommen aus Kratzer 2007

Weitere Infos

 
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